Besuch bei den Ahnen
Visite in der Burg zu Krumau, dort
wo einst Witigo 1136 -1194 das Geschlecht der Witigonen begründete.
Witigonen, diesen Namen hatte ich bislang nie gehört und nun soll ich selbst
eine Witigonin sein. Die Witigonen waren ein weitverbreitetes und
einflussreiches Geschlecht in Südböhmen und sollen angeblich mit dem uralten
römischen Geschlecht der Orsini verwandt sein. Ein Zeichen war die
fünfblättrige Rose, die Witigo seinen Söhnen in deren Wappen zugedacht hatte.
Eine Seitenlinie kam nach Westpommern, besaß dort große Latifundien. Der Ort
Jezow war deren Stammsitz. Das Wappen zeugt davon in alten Kirchen, Burgen,
Herrenhäusern. Auch in der berühmten Marienburg - im heutigen Polen - ist es
zu sehen. Jedenfalls fuhren wir bei
schönstem Wetter los und bedauerten es schon nur im Auto zu sitzen. Die
Erwartung lies die Fahrt unendlich erscheinen. Wir gingen voller Spannung in
die Stadt Krumau und stellten fest, wir waren in China oder Korea, kaum
europäische Gesichter waren unterwegs. Nur in den Geschäften oder Museen traf
man als Personal auf sie. Wir waren irritiert, setzten aber die
Entdeckungsreise zu den verlorenen Latifundien fort. Spannend, da also lebte
mein Ururur-opa, damals zu Barbarossas Zeiten, in der imposanten Burg hoch
auf dem Berg und die Moldauschleife zu seinen Füßen. Toll, aber auch sehr
weit weg. Heimisch fühlte ich mich nicht. Krumau ist so einzigartig, dass es
Weltkulturerbe wurde, zu Recht. Alles geht in Krumau um Witigo, meinen
Ururur-Großvater und auch dem meines Vetters. Die Stadt ist Anziehungsmagnet
für Touristen. Selbst aus Kambodscha kommen sie um das Werk von Witigo zu
bewundern. Und jetzt wird die Geschichte ganz
nah für mich, mein wirklicher Urgroßvater Eduard Joseph von J. geb.
15.10.1859, gest. 8.3.1927 wurde noch in Jezow geboren und trug den Namen des
Stammhauses. Das "von" war später nicht mehr political correct und
deswegen gestrichen. In meinem Stammbuch ist es noch vorhanden. Natürlich wusste ich, dass mein
Urgroßvater dem Uradel entstammte. Für mich war das unwichtig, leben wir doch
heute im Hier und Jetzt. Aber dann stolperte ich zufällig im Stammbuch über
einen anderen Namen, einen Doppelnamen. Ich fragte beiläufig nach und stieß
auf meine Wurzeln und die des Vetters. Er kennt die Geschichte der Witigonen
genauer und er kann alles belegen. Es ist ein seltsam beruhigendes
Gefühl, zu wissen wo die eigenen Wurzeln sind und auch erstaunlich. Wurzeln
muss man pflegen damit sie gedeihen, nicht verdorren oder verfaulen. Für mich
ist es sehr entspannend so feste und tiefe Wurzeln zu haben. Aber was können
diese Wurzeln bedeuten. Es ist nicht nur die Augen- oder Haarfarbe die von
den Wurzeln, Genen mit bestimmt wird. Ich bin sicher, auch Krankheiten,
Fähigkeiten, Begabungen und gute oder weniger gute Charaktereigenschaften
können beeinflusst werden. Waren unter den Ahnen doch bildende Künstler,
Musiker, Schriftsteller und Kreuzritter. Reisetipp: Krumau zu meinem
Ururur-Großvater, aber nur in der Nebensaison! SueJez Nürnberg, im Sommer 2017 |